Die digitale Gesellschaft und das Evangelium: Das Lesebuch zur EKD-Synode

LesebuchEin kurzer Hinweis auf einen langen Text:
Die EKD-Synode im November beschäftigt sich mit dem Schwerpunktthema „Kommunikation des Evangeliums in der digitalen Gesellschaft“. Dazu ist jetzt ein umfangreiches Lesebuch erschienen, das auch online gelesen und kostenlos heruntergeladen werden kann.

Unsere Pfälzer Aktivitäten sind darin durchaus prominent vertreten:

Viel Spaß beim Schmökern!

Christliche Netikette: Kirchliche Social Media Guidelines

In immer mehr Landeskirchen und Bistümern entstehen Empfehlungen zum Engagement und Verhalten in den sozialen Netzen. Eine kleine Übersicht solcher kirchlicher „Social Media Guidelines“ als work in progress …

Bloggt, ihr „einfachen“ Christen!

Kürzlich versuchte ich, Vikarinnen und Vikare unserer Landeskirche fürs Bloggen zu begeistern. Theoretisches Unterfutter liefert nun passenderweise der Artikel „Bloggen über den Glauben?“ von Antje Schrupp im Deutschen Pfarrerblatt 7/2013, S. 414-417 – neben dem Beitrag von Christina Costanza noch ein weiterer zum Themenfeld „Kirche und soziale Netzwerke“ in derselben Ausgabe!

Antje Schrupp geht von ihren eigenen Erfahrungen als Bloggerin aus: Angesichts der starken Präsenz kirchenkritischer Stimmen im Netz sah und sieht sie sich selbst oft herausgefordert, christliche Positionen zu erklären, Richtigstellungen vorzunehmen oder Hintergründe zu erläutern (S. 414). Den Paradigmenwechsel im Kommunikationsverhalten durch die sozialen Medien beschreibt sie folgendermaßen:

  • Mit dem Internet ist unbegrenzter Raum für Publikationen vorhanden. (414)
  • Nicht nur „Gatekeeper“-Medien können publizieren, sondern jeder und jede (414), „die Trennung zwischen ‚Produzent‘ und ‚Konsument‘ ist aufgehoben“ (415).
  • Das bedingt zugleich einen „Kontrollverlust“: „nicht mehr die Sender und Senderinnen von Informationen entscheiden, was relevant ist und was nicht, sondern die Empfängerinnen und Empfänger“ (414).
  • Diese verwenden verschiedene Filter (Suchbegriffe, thematische Newsletter- oder Feed-Abonnements), um sich die für sie relevanten Informationen passgenau auszuwählen. Sie haben die „Filtersouveränität“ inne. Darum „werden Inhalte im Internet nur relevant, wenn User sie aktiv aufsuchen“ (415).
  • „Interaktive Massenkommunikation“ ist möglich. Gespräche und Debatten im Internet finden öffentlich statt. (415)
  • „Bevorzugt wird der persönliche Austausch“, es gibt in den sozialen Netzwerken eine „Dynamik (…) weg von Inhalten hin zu Personen“ (416) – man verbindet sich auf Twitter und Facebook mit Menschen, nicht mit Themen. Institutionen haben deshalb „einen schweren Stand“ (ebd.).

Für die kirchliche Kommunikation im Netz zieht Antje Schrupp auch auf Basis ihrer eigenen Erfahrungen als Bloggerin folgende Konsequenzen:

  • Die herkömmliche Aufteilung in mit der öffentlichen Verkündigung Beauftragte (Pfarrerinnen und Pfarrer) und „einfache“, schweigende Kirchenmitglieder („Laien“) ist unter den Kommunikationsbedingungen des Internets „kaum aufrecht zu erhalten“ (416)
  • Für die klassische kirchliche PR ist es „schwieriger, Informationen zurückzuhalten“ und „schwieriger, Aufmerksamkeit für eine Information zu bekommen“ (415). „Was knapp und wertvoll ist, ist nicht mehr die Information als solche, sondern die Aufmerksamkeit“ (ebd.).
  • Manche Gemeinden und kirchlichen Einrichtungen haben sogar noch Nachholbedarf im Web 1.0, nämlich, was die Existenz oder die Inhalte einer Homepage angeht. (415)
  • Weil „kaum jemand, der nicht stark kirchenverbunden ist, einen dezidiert theologischen oder gemeindebezogenen Blog abonnieren“ wird, sollten Christinnen und Christen ihre Positionen als Kommentare auch auf Blogs und Seiten anderer einbringen, eben „zu den Menschen gehen“, auch im Netz (415). Das eigene Blog wird dadurch gerade nicht obsolet, sondern bietet die Möglichkeit, auf weitere gute Inhalte und Hintergrundwissen zu verlinken (vgl. ebd.).
  • Diese kleinteilige Kommunikationsaufgabe auf personaler Ebene kann nicht ausschließlich von „Professionellen“ bewältigt werden. Kirchlich Engagierte aus allen Bereichen sollten „selbst mit ihrer jeweiligen Kompetenz im Netz präsent und ansprechbar“ sein (416).
  • Schließlich weist Schrupp noch auf den Zeitfaktor hin – es dauert lange, auch im Netz, bis Vertrauen und Beziehungen gewachsen sind – sowie auf die Bedeutung von Authentizität und Wahrhaftigkeit. (416f.)
  • Die Aufgabe der Kirche als Institution läge dann vor allem in der Begleitung und Förderung etwa über Fortbildungsmaßnahmen. (417)

Drei Anfragen bzw. Anmerkungen habe ich meinerseits zu Antje Schrupps Ausführungen:

  • Ist der Beobachtung der „Umkehrung von Autorität“, nämlich dass die Äußerungen von „Kirchenoffiziellen“ wie Pfarrerinnen und Pfarrern im Internet leicht unter „Propaganda-Verdacht“ geraten (416), nicht auch der andere Pol gegenüber zu stellen: dass ihnen andererseits auch großes Vorschuss-Vertrauen entgegengebracht wird, wie sie es auch „offline“ erfahren? Und ist das nicht sogar ein Spezifikum, das ihnen doch noch einmal eine etwas herausgehobenere Rolle im Netz „beschert“? In unserem Artikel „Jenseits der Parochie“ (Deutsches Pfarrerblatt 2/2013) haben wir dementsprechend die These aufgestellt, „dass die wichtigsten Akteurinnen und Akteure der Kirchen in Social Media die Gemeindepfarrerinnen und -pfarrer sind“.
  • Dass man sich auf Twitter und Facebook mit Menschen, nicht mit Themen, verbinde, erscheint mir in dieser Formulierung zu ausschließlich. Es werden doch auch Unternehmens-, Politiker-, Film-, Musik-, Bibel-, andere Themen-Seiten auf Facebook sowie thematisch ausgerichtete Twitter-Listen in großer Zahl abonniert und deren Inhalte verfolgt. Die beste Chance für eine Institution wie die Kirche liegt zugegebenermaßen wohl nicht in der Facebook-Seite für die Institution, womöglich aber durchaus in gut gemachten Themenseiten.
  • Schließlich finde ich es reizvoll, die Beiträge von Christina Costanza und Antje Schrupp in Bezug auf das Thema „Kontrolle/Kontrollverlust“ miteinander ins Gespräch zu bringen. Schrupp zufolge ist der Kontrollverlust ein inhärentes Merkmal der Kommunikation in Social Media. Costanza zufolge ist das Gefühl der Kontrolle aber eine Bedingung für die Möglichkeit des „Flow“-Erlebens und damit für einen Glückszustand. Ist im Netz also doch kein Glück zu finden?

Antje Schrupp auf Twitter: @AntjeSchrupp
Antje Schrupps Blog: antjeschrupp.com

Kommunikationswissenschaftliche Aspekte sozialer Netzwerke

Den ersten Vortrag am zweiten Fortbildungstag hielt Eva Gottmann, Universität Augsburg, zum Thema „Kommunikationswissenschaftliche Aspekte sozialer Netzwerke“. Während sich der erste Teil ihrer Präsentation mit der Veränderung der Kommunikation durch Social Media befasste, ging sie im zweiten Teil noch auf das Verhalten von Jugendlichen im Internet (vgl. a. Christopher Markutziks Beitrag) sowie Cybermobbing (vgl. a. Christoph Hübeners Gastbeitrag) ein .